(Heute aus: „Mordsmäßig schön“ von Jana DeLeon)
Wie ihr ja inzwischen wisst, muss sich der Übersetzer beim Roman entscheiden, wer sich duzen soll oder darf, und ob sich das zum Beispiel im Rahmen einer Serie irgendwann ändert. Ein sehr schönes Beispiel dafür sind die Miss-Fortune-Bücher von Jana DeLeon. Sie handeln von Fortune Redding, einer CIA-Agentin, auf die ein Kopfgeld ausgesetzt wird und die deshalb im tiefsten Louisiana untertauchen muss. Leider hält sie sich nicht ganz so bedeckt, wie es ihrem Chef lieb wäre, denn Leichen pflastern merkwürdigerweise auch dort ihren Weg …
Hier gibt es eine ganze Reihe von Figuren, die miteinander agieren und sich ansprechen müssen. Das wären:
Fortune und Ida Belle, Gertie und Marie
Fortune und Carter (aww … ;-))
Fortune und Ally
Carter und die drei Damen
Fortune und Walter
Carter und Deputy LeBraux,
usw.
Doch zuerst – gibt es eventuell eine Faustregel, wann man duzt und wann man siezt? Die gibt es tatsächlich. In der Regel geht man in folgenden Situationen vom Sie zum Du über:
- nach dem ersten Kuss
- nach dem ersten Sex (in welcher Reihenfolge auch immer)
- nach dem ersten leidenschaftlichen Streit
- nach der ersten gemeinsam durchlebten hochemotionalen Situation.
Sex und Kuss sind klar, was hat es aber mit der hochemotionalen Situation auf sich? Ein schönes Beispiel dafür findet sich am Ende des ersten Miss-Fortunes-Buches „Weg vom Schuss”. Da ich euch nicht spoilern will, verrate ich nicht, was es ist. Lest es bitte selbst nach (und den Rest des Buches am besten gleich dazu ;-)).
Nach diesem Ereignis gehen Fortune, Ida Belle, Gertie und Marie zum Du über. Die drei Damen haben sich untereinander natürlich schon zuvor geduzt, denn sie sind ja seit Jahren befreundet.
Ein weiteres gutes Beispiel für eine hochemotionale Situation ist zum Beispiel eine Entführung. Zwei Personen, die man gekidnappt und auf die Lieferfläche eines Lasters geworfen hat, werden nicht zueinander sagen: „Frau Smith, was meinen Sie, ob wir hier wohl lebend herausgekommen?” – „Ach, Herr Miller, ich weiß auch nicht so genau …” Entführungen verbinden halt.
Was ist aber nun mit Fortune und Walter? Die beiden siezen sich, denn sie mögen und respektieren sich, haben aber noch nichts miteinander erlebt, was Duzen rechtfertigt.
Carter siezt die drei Damen, denn zum Einen ist er ein Südstaatengentleman und das gehört sich drei älteren Frauen gegenüber so, zum Anderen war Gertie seine Highschool-Lehrerin. Was wiederum auch erklärt, warum sie ihn duzt, und die beiden anderen, Ida Belle und Marie, ebenfalls. Wäre ja sonst komisch, denn sie stehen ja alle im selben Verhältnis zu ihm.
Carter und Deputy Breaux sind Kollegen, keine Freunde. Was Carter von dem Deputy hält, schimmert zwischen den Zeilen durch. Daher sind die beiden auch per Sie. Eine Arbeitsbeziehung.
Fortune und Ally sind ungefähr gleichalt und schwimmen auf einer Wellenlänge. Ein klarer Fall fürs Duzen.
Tja, und Carter und Fortune? Da wird’s knifflig. Da sich die beiden ja noch nicht besonders lang kennen, siezen sie sich natürlich, auch, weil ihre Zusammenstöße meist beruflicher Natur sind. Carters Beruf, um genau zu sein. Doch womöglich könnte sich das ändern … doch warum?
Am besten lest ihr dazu einfach „Tod im Tümpel”! 🙂
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